Rothammels Antennenbuch
13. Auflage, von Alois Krischke
Rothammels Antennenbuch ist das wohl bekannteste und umfangreichste Nachschlagewerk auf dem Gebiet der Antennen in deutscher Sprache. Vor Jahrzehnten schon war es legendär und die älteren Ausgaben sind immer noch begehrt. 2013 erschien die überarbeitete 13. Auflage - mit 1504 Seiten ist sie im Vergleich zum Vorgänger um ca. 500 Seiten erweitert worden. Afug-Info.de hat sich das kolossale Werk näher angesehen.
Einband und Verarbeitung machen einen stabilen Eindruck. Durch den immensen Umfang ist das Buch allerdings auch - im wahrsten Sinne des Wortes - schwer zu handhaben. Das 2,5 Kilogramm schwere und ca. 7,5 cm dicke Buch ist für eine gemütliche Lektüre unhandlich und die relativ kleine Schrift nicht jedermanns Sache.
Es wäre deswegen eine Überlegung wert, künftige Ausgaben als drei oder vier Bände gemeinsam in einem Schuber zu veröffentlichen (z.B. je ein Buch für Theoretische Grundlagen, HF-Antennen, UHF/VHF-Antennen etc.).
Schade ist, dass man vor dem Kauf nicht schon online einen kleinen Blick ins Buch (Leseprobe) werfen kann. Wünschenswert wäre zumindest, dass das Inhaltsverzeichnis als pdf-Datei kostenlos zum Download zur Verfügung stünde.
Das Inhaltsverzeichnis umfasst übrigens 30 Seiten, was erneut den gewaltigen Umfang der 13. Auflage des "Rothammels" widerspiegelt.
Neben praktischen Bauanleitungen, die für viele der vorrangige Kaufgrund sind, vermittelt das Buch auch theoretische Grundlagen und Formeln.
Theorie-Teil
Im Theorie-Teil wird zwar sehr vieles nachvollziehbar erklärt, oftmals werden für ein umfassendes Textverständnis aber auch tiefergehende physikalische Vorkenntnisse vorausgesetzt. Die Beiträge wirken teils hochgestochen. Bei einigen Passagen hat man den Eindruck, dass vergessen wurde, dass nur diejenigen Beiträge entsprechenden Anklang finden, die auch den tatsächlichen Bedürfnisse von Funkamateuren entsprechen.
Positiv ist, dass jedes Kapitel Literaturangaben beinhaltet.
Natürlich kann man in einem Fachbuch nicht gänzlich ohne Fachbegriffe auskommen, das wäre auch nicht sinnvoll. Ein Glossar am Ende wäre jedoch wünschenswert, in dem die wichtigsten Begriffe kurz und knapp erklärt werden. Damit könnte man Anfängern den Einstieg erleichtern und da auch "alte Hasen" mal etwas vergessen (Wie war das gleich nochmal ?!), könnten sie die Erinnerung ohne großen Aufwand auffrischen.
Das vorhandene Stichwortverzeichnis und Personenverzeichnis führt nicht immer schnell zum Ziel, was sicherlich auch dem hohen Umfang des Buches geschuldet ist, da gibt es nunmal naturgemäß viele Fundstellen. Allerdings hätte man die Seitenzahlen zu den Haupt-Fundstellen fett drucken können.
Neben lesenswerten Anekdoten finden sich auch zahlreiche Details fernab der Praxis, z.B. über Patentangaben.
Die Recherche erforderte sicherlich einen hohen Arbeits- und Zeitaufwand. Fraglich ist nur, ob man dafür nicht besser grundsätzliche technische Themen mit der entsprechenden Tiefe und Verständlichkeit hätte behandeln sollen. Stattdessen wird manches nur angesprochen und geht abschnittsweise über eine reine Informationsansammlung nicht hinaus. Die Schilderungen sind auch nicht immer chronologisch und wirken teils ungeordnet.
Während beim Theorie-Teil Defizite zu nennen sind, schneidet der Praxis-Teil im Großen und Ganzen positiv ab, auch wenn manche Abschnitte nicht unumstritten sind.
Praxis-Teil
Der umfassende Praxis-Teil beschreibt eine Vielzahl von Antennen für verschiedene Frequenzbereiche (HF, VHF/UHF, Mikrowelle etc). Auf der Suche nach einer geeigneten Antenne, sollte hier eigentlich jeder fündig werden.
Die einzelnen Bauanleitungen zeichnen sich nicht immer, aber in der Regel durch gute Verständlichkeit und hohen Informationsgehalt aus. Im Großen und Ganzen versorgen detaillierte Zeichnungen mit Maßangaben der Elemente den Leser anschaulich mit den wichtigsten Daten. Neben Bemessungsskizzen beinhaltet das Buch vielfach auch Angaben zu Gewinn, Vor-/Rückverhältnis (Rückdämpfung), Eingangswiderstand, Speiseleitung, Tipps und Informationen über mögliche Modifikationen. Eine kurze theoretische Beschreibung der Antenne, die die Vor- und Nachteile der jeweiligen Bauart aufzeigt, und teilweise auch Formeln beinhaltet, ergänzt in vielen Fällen die Antennenbeschreibungen.
Nichtsdestotrotz gibt es auch umstrittene Passagen. Wünschenswert wäre, auch kurz auf divergierende technische Ansichten einzugehen.
Zu bemängeln ist außerdem, dass rechtliche Aspekte bei einer ganz bestimmten Antenne außer Acht gelassen wurden, die wegen ihrer politischen Symbolik aber insbesondere für Deutschland von Wichtigkeit wären. Ganz abgesehen davon, dass sich wohl kaum jemand finden wird, der diese Antenne tatsächlich nachbaut oder gar aufstellt. Da kann zwar die Antennen nichts dafür, aber die Gesetzeslage ist trotzdem zu beachten.
Neben Antennenbeschreibungen vermittelt die Materialkunde Grundlagen zum Antennenbau, zudem gibt es Informationen über Antennenzubehör, Filter, EMV, nützliche Tabellen, Software usw.
Das Buch verweist des Öfteren auf Internetseiten für weiterführende Literatur oder als Quellenangabe. Nur leider ziehen Webseiten auch manchmal um oder werden ganz geschlossen, wodurch der Rothammel an Aktualität verliert. Ähnlich verhält es sich mit den Verweisen auf Software, die ebenfalls nicht zeitlos ist (nicht mehr erhältlich oder nicht mehr lauffähig). Dies ist zwar bekannterweise mit Problemen behaftet, bietet aber dennoch die Chance, sich mit ein wenig Glück ohne größeren Kosten- und Zeitaufwand tiefergehend mit dem jeweiligen Thema zu beschäftigen.
Vielfach kritisiert wird - und das nicht zu Unrecht, dass der Fokus immer weiter weg geht vom praktischen Antennenbau hin zu einer Ansammlung von technikfernen Informationen und sich damit auch immer weiter entfernt von Karl Rothammels ursprünglicher Intention, ein Buch für den Praktiker zu schaffen. Hier sollte in der Tat der Ursprungsgedanke wieder stärker in den Vordergrund rücken.
Einige empfinden es auch als unschön, dass bei der Vorstellung der Autoren am Anfang des Buchs der Schöpfer des Antennenbuchs, Karl Rothammel (1914-1987), nicht mehr wie bislang üblich an oberster Stelle abgedruckt ist, schließlich sind weite Teile des Buchs immer noch aus seiner Feder oder basieren auf seinen Grundlagen.
Kurzüberblick
Positiv:
+ umfangreiches und vielfältiges Spektrum an verschiedenen Antennen
+ verständliche Anleitungen im Praxis-Teil
+ Bemessungsskizzen mit Maßangaben
+ vielfach mit Modifikationen, Formeln, Beschreibung der Vor-/Nachteile der jeweiligen Antenne
Negativ:
- schlechte Handhabung aufgrund des enormen Umfang und Gewichts des Buches
- Theorie-Teil oftmals hochgestochen, erfordert teils tiefergehende physikalische Kenntnisse
- historische Schilderungen wirken teils ungeordnet und sind nicht immer chronologisch
- viele Hintergrundinformationen mit wenig praktischem Nutzen
Desiderata:
- Aufteilung des unhandlichen Buchs in mehrere Bände im Schuber für bessere Handhabung
- Glossar mit Kurzerklärungen zu allen Fachbegriffen
- durchgehend relevante und verständliche Erläuterungen im gesamten Theorie-Teil
- bei umstrittenen Passagen zusätzlich kurze Erwähnung divergierender Ansichten
Kaufempfehlung: für praktischen Antennenbau ja
Fazit
Trotz Kritikpunkten, vor allem den Theorie-Teil betreffend, ist der Praxis-Teil im Großen und Ganzen positiv zu bewerten. Im reichhaltigen Inhalt sollte jeder eine passende Antenne für seine Zwecke finden. Die Antennenbeschreibungen und Bemessungsskizzen liefern in der Regel die wichtigsten Informationen, die man für einen Nachbau benötigt. Nichtsdestotrotz werden Passagen des Buchs unter Funkamateuren auch kontrovers diskutiert. Dennoch ist es das umfangreichste deutschsprachige Nachschlagewerk für zahlreiche verschiedene Antenne und als solches eine Kaufüberlegung wert.
August 2018