Testbericht: IC-Tester (Bauteil-Tester)
Mit Video
Über 1300 Bauteile bis 24 Pins, darunter die gängigsten ICs sowie Operationsverstärker, Optokoppler, Treiber, Transistoren und Zenerdioden soll der IC-Tester aus Fernost laut Produktbeschreibung prüfen können. Afug-Info.de hat den Tester näher unter die Lupe genommen.
Verarbeitung
Die Verarbeitung ist insgesamt mangelhaft.
Im Batteriefach ist der Abstand zwischen eingelegter Batterie und Batteriefach-Deckel so groß, dass die Batterien ausreichend Platz haben, um sich eigenständig aus der Halterung zu lösen, wodurch die Spannungsversorgung unterbrochen wird, z.B. wenn das Gerät auf den Tisch gestellt wird. Hier kann man sich zwar mit einem Stück Schaumgummi behelfen, da der Batteriedeckel aber auf- und zu geschoben wird, ist das nicht unbedingt die optimalste Lösung.
Der Platz zwischen Batteriefach und Platine ist dagegen so knapp bemessen, dass die Kabel zwangsläufig eingeklemmt werden und früher oder später an diesen Stellen ein Kabelbruch zu erwarten ist.
Für die Lötstellen der Kabel am Batteriefach ist der Platz ebenfalls sehr knapp bemessen.
Das Display liegt direkt auf dem Versorgungskabel und der Hauptplatine auf. Hier sollte man ein Stück geeigneten Schaumgummi unterlegen, um Schäden vorzubeugen.
Das Display ist permanent beleuchtet ohne Möglichkeit zum Ein-/Ausschalten, was bei guten Lichtverhältnissen unnötig zu Lasten der Batterie geht. Zu bemängeln ist auch, dass kein mechanischer EIN-/AUS-Schalter verbaut wurde. Ein Netzteilanschluss wäre zudem wünschenswert.
Positiv ist, dass das Gerät mit zwei herkömmlichen AA-Batterien (Mignon) betrieben wird. Testweise war der Betrieb auch mit vollgeladenen Akkus möglich.
Die Stromaufnahme ist dagegen inakzeptabel. Beim Einschalten und danach beträgt sie viel zu hohe 250mA und sinkt erst auf ca. 43mA ab, wenn eine Taste gedrückt wird. Während des Prüfvorgangs steigt sie nur geringfügig auf akzeptable ca. 50mA an. Im ausgeschalteten Zustand beträgt sie immer noch 6µA, die auf lange Sicht die Batterien unnötig entleeren.
Schade ist auch, dass sich der Hersteller vier Gummi-Füße für einen stabilen Stand gespart hat.
Von der nachlässigen Verabeitung zeugt zuguterletzt noch ein Rechtschreibfehler auf dem Startbildschirm (SEACH statt SEARCH).
Dies sind unnötige Mängel, die sich allesamt mit geringfügigem Aufwand ab Werk leicht beheben ließen.
Bauteil-Test
Über 1300 Komponenten, darunter die gängigsten Bauteile, die komplette 74er Serie und die CMOS CD4000er Serie, soll der IC-Tester laut Produktbeschreibung prüfen können.
Eine Bauteil-Liste mit allen implementierten Komponenten findet sich jedoch nicht. Das ist insofern problematisch, weil der IC-Tester im automatischen Erkennungsmodus die Meldung "not found" sowohl bei nicht-implementierten als auch bei defekten Bauteilen ausgibt. Wird die Komponente manuell eingestellt, erscheint bei einem Defekt die Meldung "fault".
Wie das nachfolgende Video mit einem CD4017 veranschaulicht, sind die Testergebnisse beim Prüfen von ICs nicht immer zuverlässig. Will man wissen, ob eine Komponente tatsächlich defekt oder nur nicht vorgesehen ist, kommt man wohl nicht umhin, einen eigenen Test mithilfe der entsprechenden Schaltung durchzuführen.
Der IC-Tester ist leider weit davon entfernt, alle angegebenen IC-Typen zu erkennen und ordnungsgemäß zu prüfen. Hier nur einige Beispiele, die nicht erkannt oder fehlerhaft erkannt wurden: 74F109, 7410, 7442, 7454, 7476, 7485, 74121, 74LS196, 74LS197, 74LS221, 7410, 75188, 74LS90, CD4017, CD4060, NE556 u.v.m.
Es hat ganz den Anschein, als ob es problematisch wird, sobald der innere Aufbau eines ICs über eine reine Gatter-Anordnung (Wahrheitstabelle) hinausgeht.
Teilweise liegt während des Prüfvorgangs eine negative Spannung an, die in den Spitzen mit über -2V aus dem Rahmen fällt.
Der IC-Tester prüft zudem in begrenztem Umfang Transistoren (NPN, PNP, MOS), Optokoppler, Treiber, Operationsverstärker und Zener-Dioden. Möglich ist auch das Testen von Silizium-Dioden und Leuchtdioden.
Wie die jeweiligen Bauteile in den Sockel einzusetzen sind, ist der einseitigen Chinesisch-Englischen-Anleitung auf schlechten Abbildungen zu entnehmen. Besser wäre es, solch wesentliche Informationen auf der Rückseite des Geräts abzudrucken, wo sie nicht verloren gehen können. Afug-Info.de hat den folgenden kleinen Aufkleber zum Ausdrucken (Größe: Breite: 58mm, Höhe 59mm) für die Rückseite des Geräts erstellt.
Bei Transistoren zeigt das Gerät an, ob es sich um einen NPN, PNP oder MOSFET handelt sowie die Anschlüsse als EBC oder GSD. Es erschließt sich daraus jedoch nicht von selbst, welcher Pin des Transistors nun dem Emitter, dem Kollektor und der Basis (bzw. bei MOSFET Gain, Source, Drain) entspricht. Dabei wäre eine entsprechende Beschriftung ein Leichtes gewesen - sowohl auf dem Display über den Buchstaben sowie als Aufdruck neben dem Sockel.
Verschiedene NPN, PNP, MOSFET und BUZ Transistoren hat der IC-Tester problemlos erkannt, ebenso wie einige Thyristoren wie z.B. MCR8NG. Triacs (BTB6 und andere) wurden dagegen nicht erkannt.
Bei größeren Bauteilen mit kräftigeren Anschlussdrähten wird der Sockel unnötig einseitig belastet oder das Einlegen gestaltet sich wegen der Bauform als schwierig oder nicht möglich. Extra Anschlüsse hierfür wären wünschenswert.
Während das Einsetzen z.B. eines BC237 (Gehäuseform TO-92) oder eines BD137 (TO-126) noch in Ordnung bzw. gerade noch in Ordnung ist, wird es bei einem BUZ11 (TO-220) schon problematisch und ein 2N3055 (TO-3) ist nicht möglich.
Beim Timer-Baustein NE555 wird nur die einfache Ausführung mit 8-Pins erkannt, nicht aber der Dual-Timer NE556 mit 14 Pins, der im Prinzip auch nichts anderes ist als zwei NE555 in einem Gehäuse.
Überzeugen konnte der IC-Tester eigentlich nur bei Zenerdioden. Hier wird die Herstellervorgabe von bis zu 50V sogar noch übertroffen. Alle Test-ZDs wurden problemlos erkannt. Als Prüfspannung wurden ca. 90V gemessen. Neben Zener-Dioden lassen sich auch LED testen.
Alle stichprobenartig geprüften Optokoppler, Treiber und Operationsverstärker wurden ebenfalls einwandfrei erkannt.
Kurz und knapp zusammengefasst
Vorteile:
+ Betrieb mit 2x AA Mignon Batterien
+ Zenerdioden bis 50V und höher können getestet werden
+ prüft begrenzt auch Dioden, LED, Transistoren, Treiber, Optokoppler, Operationsverstärker und teils Timer-Bausteine, sofern implementiert
Nachteile:
- die in der Produktbeschreibung genannten IC-Serien werden bei Weitem nicht alle erkannt
- bei ICs sind Erkennung und Prüfergebnis nicht immer zuverlässig (siehe Video)
- Liste mit den implementierten Bauteilen fehlt
- gesonderte Anschlüsse für Bauteile, die nicht die Form von ICs haben, fehlen
- zu hohe Stromaufnahme beim Einschalten, die sich erst auf Tastendruck auf akzeptables Maß verringert
- kein mechanischer Aus-/Einschalter
- kein Netzteilanschluss
- mangelhafte Verarbeitung
Kaufempfehlung: bedingt
Fazit
Aufgrund zahlreicher Unzulänglichkeiten des IC-Testers - insbesondere beim Prüfen von ICs - kann an dieser Stelle keine klare Kaufempfehlung stehen. Wie so oft bei Technik aus China ist das Produkt leider nicht ausgereift. Mangels Konkurrenz (andere Bauteiltester wie der MK-168 können auch nicht überzeugen) ist der IC-Tester als Hilfsmittel für bestimmte Einsatzzwecke aber dennoch eine Überlegung wert, wenn man seine Defizite miteinkalkuliert. Das Gerät liefert schnelle und brauchbare Ergebnisse bei Dioden, LED und Zener-Dioden. Ebenso in begrenztem Umfang bei Optokopplern, Operationsverstärkern, Treibern und Timer-Bausteinen, sofern implementiert. Bei Transistoren wird nur NPN, PNP oder MOS und die Pin-Belegung angezeigt ohne weitere Kennzahlen. Allein hierfür sollte der Gesamtpreis aber maximal 30 Euro nicht überschreiten. Bei ICs mag das Gerät unter Umständen für eine grobe Sortierung hilfreich sein. Wer aber wirklich zuverlässig wissen möchte, ob ein Bauteil funktioniert, sollte es lieber selbst mit einer adäquaten Schaltung prüfen. Je nach Anwendungszweck wäre zum Testen von Logik-Bausteinen und CMOS möglicherweise der Universal Programmer MiniPro TL866A/CS eventuell eine Alternative.
Alle Angaben beziehen sich auf das Testgerät
August 2018
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